Die Kluft zwischen Prominenz und Fan ist dank sozialer Netzwerke klein wie nie zuvor. Ohne Angst vor fehlendem Privatleben lassen viele Sportler, Politiker und Schauspieler im Internet ihre Anhänger freiwillig an ihrem Alltag teilhaben. Dabei sind deutliche Unterschiede zu spüren. Viele Stars nutzen die Plattformen wie selbstverständlich und suchen den Austausch mit ihren Anhängern. Andere beauftragen Agenturen, die dafür sorgen, dass ihre Klienten im Netz besonders vorteilhaft zur Geltung kommen. Nicht immer gelingt es, diese Varianten zu unterscheiden. Welcher Star wirklich authentisch ist und ob man möglicherweise einem Fake-Account ausgesetzt ist, ist zum Teil schwer zu erkennen. Ist Hans Sarpei wirklich so lustig, wie es im Internet wirkt? Ist er noch Mensch oder schon Marke?
Immer wieder fallen auch große Medienhäuser auf falsche Accounts und Meldungen herein, das große Privileg auf exklusive Nachrichten aus dem Umfeld der Stars ist durch die Möglichkeit, über Social Media direkt mit seinen Fans zu kommunizieren, teilweise weggefallen.
Dafür sind neue Möglichkeiten hinzugekommen. Einerseits bedienen sich die klassischen Medien Inhalten, die dem Internet entspringen. So kann ein Fernsehsender ein Handyvideo aus einer Kriegsregion zeigen, weil es bei Youtube hochgeladen wurde, oder es wird in Boulevardmagazinen über Fotos diskutiert, die ein Promi bei Twitter gepostet hat. Andererseits bringt das Internet sogar neue Formate hervor. Das Twinterview ist ein beispielsweise eine Interviewform, welches über Twitter mit maximal 140 Zeichen (Frage und Antwort) geführt wird. Einfach, aber dennoch spannend.
Sicherlich können große Stars nicht auf andere Medienpräsenzen verzichten. Ein ausführliches Exklusivinterview in einer großen Sportzeitschrift hat selten geschadet, um der Bevölkerung präsent zu bleiben und seinen Marktwert zu pflegen, dennoch gibt es auch bei facebook und Twitter einige Prominente, die aufgrund ihrer Kommunikation und Interaktion mit den Anhängern eine besonders hohe Bekanntheit und Beliebtheit zukommt. Insbesondere für Sportler aus Randsportarten, die in den klassischen Medien kaum Präsenz finden, als auch für Ex-Profis ist Social Media eine lukrative Möglichkeit, im Gespräch zu bleiben. Twittern und Posten gilt insbesondere bei der Zielgruppe der unter-30-Jährigen cool. Da ein Fan normalerweise keinen Einblick in den Alltag eines Stars hat und somit nicht erkennen kann, dass die Spitzensportler auch nur Menschen (klar, mit einer besonderen Fähigkeit) sind, und entsprechend auch mal ein Bier trinken gehen, durch die Welt reisen, Playstation spielen oder halt im Internet surfen, ist eine Offenlegung, für viele ernüchternd und faszinierend zugleich. Die Hemmschwelle, den Promi zu kontaktieren, sinkt. Es wird eine Kommunikation von User zu User. Und dabei ist nicht jeder User positiv gewillt, wie das Beispiel Ariane Friedrich zeigt.
Die aktuell aktiven Sportler sind mit dem Medium Internet aufgewachsen. Und selbstverständlich nutzen sie die Möglichkeit des Vernetzens und der Kommunikation auf unterschiedlichen Plattformen. So wie Businesskasper auf XING ihre Kontaktdaten austauschen, so befreunden sich jungendliche Nachwuchssportler bei facebook, um mit ihren Mannschaftskollegen oder Auswahlspielern in Kontakt zu bleiben. Wenn dann irgendwann der Durchbruch gelingt und sie sich plötzlich auf der medialen Bühne Bundesliga, Wimbledon oder Olympische Spiele wiederfinden, dann sind diese Accounts natürlich nicht obsolet. Der Umgang mit den Fans auf diesen Plattform wird sicherlich von den Vereinen gelehrt, vorgegeben oder abgenommen, dank undurchsichtiger Privatsphäreneinstellungen landet auch schon mal eine Nachricht beim falschen Empfänger, insbesondere wenn Alkohol und Smartphones in Kombination benutzt werden. Auch da unterscheidet sich ein Promienter nicht von einem Privatmenschen.
Neben einer gewissen Grundstrategie (was teile ich mit meinen Fans und was nicht?) gehört natürlich auch der geschulte Umgang mit den Medien und Endgeräten dazu, um im Internet zu interagieren. Die einfachste Möglichkeit ist es, Privates und Berufliches komplett zu trennen, doch sind es nicht gerade die Fotos mit dem Hund im Garten der Eltern, die einen Sportler besonders sympathisch wirken lässt? Der Grat ist schmal, ein bewusster Umgang zwingend notwendig. Vorzeigenswerte Beispiele sind die Twitter-Accounts von Tennisspielerin Andrea Petkovic, Fußballer Alexander Baumjohann, Manager Reiner Calmund und Ex-Profi Boris Becker. Wer diesen Accounts folgt, der kriegt mehr als nur einen langweilig inszenierten Medienmonolog. Die Mischung aus gesamtsportlichem Interesse, entsprechender Kompetenz, dem Austausch mit Followern und einem gesunden Maß an Selbstironie bekommt man einen guten Einblick, wer diese Personen wirklich sind, sportlich und privat. So findet man sehr persönliche Bilder von Familientreffen, Briefen oder Geschenken, aber auch Gruppenfotos von anderen Sportlern, die den vermeidlichen Star wiederum als Fan darstellen lassen.
Aber wie erkennt man nun, ob ein Account echt ist, und wer in Wirklichkeit die Fäden zieht? Idealerweise ist der offizielle Account auf der offiziellen Homepage eines Sportlers verlinkt, auch die Verified Accounts von Twitter führen zur Aufklärung bei. Aber bei facebook? Es gibt gefühlte 250 Fanpages von Mesut Özil. Die Anzahl der Fans oder Follower sind nur teilweise ein Kriterium, denn selbst Fakeaccounts wie @ChezRomeBoateng haben aufgrund ihres Humors oder ihrer Entstehungsgeschichte viele Anhänger.
Zudem blüht bei Auktionshäusern der Handel mit so genannten Anhängern. Wer seinem Account eine hohe Anzahl von Fans bescheren möchte, muss gar nicht so tief dafür in die Tasche greifen. Über Sinn und Qualität dieser Followerkäufe kann man sicherlich diskutieren, eine kurze Aufmerksamkeit ist dennoch häufig möglich. Als die CDU vor kurzem innerhalb von wenigen Tagen 5000 zusätzliche Follower begrüßen durfte, wurde ziemlich schnell klar, dass diese vermeidlichen Anhänger keine echten Personen sind, ob die CDU die Follower aber selbst gekauft hat, wird bis heute bestritten. Letztendlich kann jeder ebay-Nutzer Follower kaufen. Für den eigenen, oder für fremde Accounts.
Der User muss also selbst entscheiden, welche Nachricht er für echt hält und wie er sie bewertet. Eine Notwendigkeit, die ihm beim Rezipieren der klassischen Medien häufig abgenommen wird. Hier wird einerseits gefiltert, andererseits bewertet. Geschickt kann ein Autor oder Journalist die Meinung des Lesers beeinflussen. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema findet nur selten statt. Was in den Medien präsentiert wird, gilt zumindest in Deutschland als sicher und vertrauenswürdig. Bei der direkten Kommunikation mit dem Absender gelten also besondere Herausforderungen, dem sollte sich der User bewusst sein.
Die Möglichkeit für Sportler und andere Prominente, über das Internet verhältnismäßig unkompliziert mit ihren Fans auf einer Ebene zu kommunizieren, verändert die Medienlandschaft. Klassische Medien bedienen sich der Werkzeuge, die das Internet mit sich bringt. Jeder Mensch kann selbst zum Absender einer Nachricht werden und ist nicht auf die Unterstützung anderer angewiesen. Einige manchen das ziemlich gut und bauen sich neben der beruflichen Tätigkeit eine Marke auf, die auch nach Karriereende gepflegt werden kann und einen hohen Wert besitzt.